Übersetzung mit Verstand: Mensch vs. Künstliche Intelligenz
Können wir auf menschliche Übersetzer und Übersetzerinnen verzichten?
Unsere Übersetzungsexpertin Elizabeth Lehnich von discover legal sagt ganz entschieden: Nein. Wir haben sie gefragt, wann sie selbst Künstliche Intelligenz bei ihren Übersetzungen nutzt, welche Vor- und Nachteile Übersetzungstools haben und warum wir noch lange nicht auf spezialisierte Übersetzer und Übersetzerinnen verzichten können.
Elizabeth, wie lange arbeitest du schon als Übersetzerin und wie bist du mit der UPWIRE Group in Kontakt gekommen?
Als Übersetzerin arbeite ich jetzt schon seit fast 30 Jahren. Vor 12 Jahren habe ich gemeinsam mit Catherine Besendahl discover legal gegründet. Wir haben uns auf Rechts- und Finanzübersetzungen spezialisiert und sind darüber mit der UPWIRE Group in Kontakt gekommen. Die Gruppe erstellt seit Jahren Unternehmens- und Geschäftsberichte, bei denen absolute Genauigkeit gefragt ist. Und weil viele internationale Unternehmen als Kunden dabei waren, wurde UPWIRE dann auch für Übersetzungen angefragt. Hier kamen wir mit discover legal ins Spiel.
Und zu welchem Zeitpunkt habt ihr dann entschieden: discover legal wird jetzt Teil von UPWIRE?
Das hat sich nach ein paar Jahren Zusammenarbeit, Austausch und letztlich Freundschaft ergeben. Als ich zum ersten Mal mit Agenturen aus der UPWIRE Group zusammengearbeitet habe, war ich überwältigt von deren Projektmanagement. So organisiert und doch kreativitätsfördernd habe ich Prozesse zuvor noch nirgends erlebt. Ich habe gemerkt: Die Menschen, die hier arbeiten, arbeiten mit viel Elan, aber mit genauso viel Spaß an ihren Projekten. Das hat mich begeistert.
Bei gemeinsamen Geschäftsessen haben Catherine und ich dann immer wieder gemerkt: Das ist eigentlich gar kein Geschäftsessen. Darauf freuen wir uns wie auf Treffen mit langjährigen Freundinnen und Freunden. Das hat uns Nathan, Geschäftsführer von UPWIRE, zurückgespiegelt. Und so haben wir beschlossen: Wir wollen noch enger zusammenarbeiten. Und discover legal wurde Teil der UPWIRE Group.
Gibt es bei Arbeiten in der UPWIRE Group Übersetzungen, die du lieber übernimmst als andere?
Nein, ich liebe es, dass aus der Unternehmensgruppe immer andere Aufträge kommen – an einem Tag die Übersetzung einer Website und am nächsten Übersetzungen von Geschäftsberichten. Es bleibt immer spannend und die Vielfalt gefällt mir.
Nutzt ihr bei discover legal Übersetzungstools?
Auf jeden Fall. Meist allerdings nicht die, an die jetzt sofort alle denken, wie DeepL oder Google Translate. Wir nutzen eine Software, mit der wir individuelle Wörterbücher erstellen können. Für jeden Kunden haben wir eins abgespeichert. Wünscht sich ein Unternehmen zum Beispiel, dass „Gerät“ immer als „device“ übersetzt wird, obwohl es auch andere Optionen gäbe, ändert das Wörterbuch entsprechende Textpassagen, sollte ein anderes Wort verwendet worden sein. So stellen wir sicher, dass das Corporate Wording immer zu 100 % stimmt.
Also greift ihr nie auf klassische Übersetzungstools wie DeepL zurück?
Doch, Übersetzer und Übersetzerinnen nutzen schon seit vielen Jahren Werkzeuge, um den Übersetzungsprozess zu beschleunigen. Und sie sind auch nicht mehr wegzudenken. Wir haben es bis heute allerdings noch nie erlebt, dass wir einen Text mit Künstlicher Intelligenz übersetzt haben und der unseren Ansprüchen genügt hat. Das liegt auch an der Branche, in der wir arbeiten. Bei Marketing-, Finanz- und Gesetzestexten kommt es auf höchste Präzision, Konsistenz und Feingefühl an. Und dafür braucht es einfach uns Menschen.
Welche typischen Fehler begegnen dir, wenn du von KI übersetzte Texte überarbeitest
Wenn wir vom Satzbau sprechen, entstehen häufig Verständnisfehler bei verschachtelten Sätzen. Beispielsweise werden Subjekt und Objekt vertauscht. Außerdem gibt es immer sehr viele Möglichkeiten, ein Wort zu übersetzen. Hier sucht sich KI oft einen unpassenden Begriff aus – vor allem, wenn es um Gesetzes- oder Finanztexte geht.
Was die Werkzeuge außerdem noch nicht leisten, sind Übersetzungen in bestimmte Standardsprachen wie die International Financial Reporting Standards, die bei Finanzberichten eingehalten werden müssen.
Geht es wiederum um Marketingtexte, kann KI ebenfalls nicht mit menschlichen Übersetzerinnen und Übersetzern mithalten. Denn die Tools übersetzen Texte zwar sinngemäß, beachten aber nicht, dass die Marketingsprache in Deutschland eine grundlegend andere als in England, Frankreich oder Spanien ist. Kulturelle Nuancen und kontextuelles Verständnis können maschinelle Tools nicht erfassen.
Wenn du KI gegen einen Menschen antreten lassen müsstest, worin würden sie sich unterscheiden?
Da Künstliche Intelligenz kein echtes Gehirn hat, sondern sich auf Daten aus dem Internet stützt, werden die übersetzten Texte sehr starr. Während der Mensch denkt: „Ich habe jetzt schon zwei Sätze mit dem Wort „wir“ angefangen. Das ändere ich jetzt.“, sieht die KI keine Probleme und reiht ggf. sogar drei Sätze, beginnend mit „wir“, aneinander. Außerdem nutzt KI in manchen Fällen das gleiche Wort als Nomen und als Verb. Wenn es „die Feder springt“ übersetzt, erstellt es ggf. den Text „the spring springs“.
Okay, also gibt es gar keine Situationen, in denen maschinelle Übersetzungstools eine bessere Wahl sind als menschliche Übersetzerinnen und Übersetzer?
Doch, eine: Und zwar wenn ich etwas wahnsinnig schnell übersetzen muss. Dann ist die reine Übersetzung mit KI eine Option, aber immer noch nicht besser als der Mensch.
Glaubst du, dass Künstliche Intelligenz euch als Übersetzerinnen und Übersetzer irgendwann vollständig ersetzen kann?
Letztendlich wissen wir nicht, wie sich die Tools in den kommenden Jahren entwickeln werden. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass sie irgendwann so präzise, hochklassig und individuell werden wie menschliche Gehirne. Es wird in Zukunft denke ich darauf ankommen, was ich als Unternehmen will: Einen Text, der denen aus meiner Branche gleicht? Oder einen, der sich von anderen abhebt? Eine Übersetzung, die bis ins kleinste Detail geprüft und korrekt ist? Oder eine, die ggf. kleine Fehler enthält? Ich persönlich hoffe darauf, dass wir uns heute, morgen und übermorgen bewusst machen, wie wichtig und individuell Sprache ist. Und dass Sprache etwas Menschliches ist.